Papier, Pappe und Körner



Henk Puts - Ordnung der Himmelfahrt
Op papier geschilderde bakjes,
bevestigd op vijf banen millimeterpapier,
die vanaf het plafond afhangen en op de vloer liggen.
Lengte van de papierbanen ongeveer 7 meter; breedte 3,75 meter





Henk Puts - 189 (von 1000) gemahlenen Zeichnungen
Tot papierkorrels vermalen tekeningen in glazen potten op 21 planken
met databank.




René de Rooze - Werken op papier




Allie van Altena - Hope for Gaza

Tentoonstelling met René de Rooze en Allie van Altena, Galerie Herold, , Künstlerhaus Güterabfertigung, Bremen , mei 2009


Dit is een gedrukte versie van de openingsrede van Uwe Teichmann

In dieser Ausstellung zeigen drei Künstler aus Groningen Arbeiten auf, aus und mit Papier. Jeder von uns kennt dieses kulturgeschichtlich uralte Material für Aufzeichnungen, Mitteilungen und Bilder seit der eigenen Kindheit. Papier ist leicht, geduldig, es nimmt Spuren des Gebrauchs und Alterns auf, leicht zu vernichten und doch oft auch erstaunlich langlebig. Es kann die Intimität von Haut ebenso ausstrahlen wie die sachliche Kühle eines Diagramms. Zwischen diesen Polen finden die drei Zeichner ganz eigene Positionen.

Die Installation von Henk Puts hat den Titel: 252 (von 1000) gemahlenen Zeichnungen. Er hat 1000 eigene Arbeiten zerrissen und mit dem Küchenmixer gemahlen. Wir sehen weiße Flocken in Gläsern, die zur Vorratshaltung dienen und eine Archivnummer tragen, die die Papierkörner einer bestimmten Zeichnung zuordnen. Deren Sichtbares, das ästhetisch Genießbare sind ebenso vernichtet wie der kommerzielle Wert des Kunstprodukts. Das Ergebnis der Umwandlung wird sorgfältig aufbewahrt. So wurden die Gläser z.B. zum Objekt neuer Zeichnungen – ungemahlen. Die Transformation ist wichtiger als das Produkt.

Auch in der Rauminstallation = Einrichtung ist das Grundelement ein Gefäß – hier in der flächigen Abstraktion eines Zeichens – ein Gefäß für Vorstellungen und Erinnerungen. Ein Sechseck, dessen eingezeichnete Linien einen offenen Kasten suggerieren. Diese Sechsecke wurden musterartig auf große Papierbögen gezeichnet und dann mit sehr wässriger Acrylfarbe mehrmals eingefärbt. Die Farbigkeit lässt an Körperliches denken. Mit großer Freude beobachtete Henk Puts, wie das Wasser die Fläche des Papiers in Berge und Täler verwandelte, an deren Höhenlinien sich die Pigmente ablagerten. Getrocknet und wieder geglättet, wurden die Sechsecke ausgeschnitten. Keiner der Kästen sieht aus wie der andere.

Mit ihnen schafft er an verschiedenen Orten immer neue Einrichtungen und Situationen. In dieser Ausstellung trägt sie den Titel „Ordnung der Himmelfahrt“. Bögen von Millimeterpapier, Sinnbild des Rechtwinkligen, wölben sich als Bogen von der Decke zum Boden. Es bleibt in der Schwebe, ob diese Kästen fallen oder steigen.

Auch in den Zeichnungen von Rene de Rooze finden wir Raster, rechteckig und gewölbt, landkartenähnlich. Begrenzungen der Koordinatensysteme fehlen, wir sehen Ausschnitte eines Größeren, nicht in einem Bild zu Fassenden, und wir sehen den Versuch etwas rational zu ordnen. Der Bildraum ist endlos, in ihm schweben Kreisformen und Ellipsen, partiell in Kohle, Kupferfarben und Gold - das Gold auch in der Einfassung der Zeichnungen. Der Goldgrund, einst Zeichen von Unendlichkeit und spirituellem Licht, schimmert auf in den Kreissegmenten und den gesetzten Rahmen. Rene de Rooze schreibt: „ Die meisten Menschen und Zivilisationen konnten ihr Leben über Religionen deuten. In diesen Zeichnungen wird im Gegensatz zur Religion versucht, ein Refugium mit mathematischer, wissenschaftlicher Methodik zu finden. Klare, rationale Formen, Verwendung von Primzahlen, Mustern und Radialen. Aber auch hier bleibt eine Erklärung und Ergründung unmöglich.“

Diese 1995 begonnene Serie „Galaxien“ ist nicht abgeschlossen, wird von der Arbeit mit anderen Mitteln unterbrochen. Für diese „Unterbrechungen“ fand Rene de Rooze – manchmal wird das Übersetzen zwischen zwei Sprachen zur Poesie – die Formulierung: Zwischenfall von Stille.

Im Atelier von Allie van Altena sah ich einen Stapel von tausend beidseitig bearbeiteten Zeichenblättern: kompostierende Zeichenblätter. Er benutzt nur Bleistift, Pastellkreiden, Holzkohle und Eitempera. Schere, Hammer, Feile, Stahlbürsten sind ebenso unentbehrliche Werkzeuge. Durch beständiges Umschichten der Zeichenblätter kommen immer andere Blätter miteinander in Berührung, färben ab und wirken aufeinander. Luft, Feuchtigkeit und Temperatur beeinflussen diese Prozesse. Deren Wahrnehmung und Lenkung hat die gleiche Wertigkeit wie die zeichnerischen Handlungen. Neuhinzugefügte Blätter liegen zwischen älteren und nehmen Spuren der Nachbarn auf, bevor die ersten Zeichen gesetzt werden.

Allie van Altena schreibt: „ Als Zeichner muss man erkennen, dass das Material, die Energie und die Intuition die Leitung haben, und dass der Geist und das Bewusstwerden später im Prozess folgen. Erst sind die Spuren, dann kommt die Bedeutung. … Es ist meiner Meinung nach nicht möglich, den exakten Moment festzulegen, wann ein gezeichnetes Bild fertig ist. Es gibt eine zuletzt gezeichnete Linie, ein letzter Zustand, den wir sehen, aber jeder Endpunkt ist in Wahrheit beweglich. Er verlagert sich mit der Zeit in zukünftige Richtungen, und auch die Wahrnehmung verlagert sich mit der Zeit. So besehen steht das malende Denken in der abgeschlossenen Vergangenheit. Wir erkennen das Gemalte nur in seinem definitiven, stillstehenden Zustand. Wenn Malerei für Sein steht, dann steht Zeichnen für Werden.“

Allie van Altena hat in früheren Ausstellungen auf einem Tisch diesen Stapel als bewegliche, zu bewegende Skulptur in den Raum gestellt und die BesucherInnen eingeladen, selbst die Zeichenblätter zu wenden. In dieser Ausstellung zeigt er eine ganz neue Arbeit mit diesem lebendigen Material. Die Blätter haben die Waagerechte verlassen und sich an der Wand aufgerichtet. Blockbuchstaben, lineare Formen sind ausgeschnitten und gerade noch mit den Blättern verbunden, neigen sich dem Boden entgegen und greifen in den Raum, bilden skulpturale Formen, die figurative Assoziationen wecken. Diese Arbeit trägt den Titel „Space for Gaza“.

Diese drei Künstler verbindet nicht nur die Arbeit auf und mit Papier. Auch in der Wahl ihrer Mittel - Tuschen, Kreiden, Graphit, Metallfarben, Eitempera und Wasserfarben - lieben sie das Einfache. Die Folge der Bilder auf- und nebeneinander verbinden alle drei auf unterschiedliche Weise. So entsteht der Faden eines offenen Gesprächs zwischen den Bildern und mit uns. Ich danke den Künstlern für ihre Arbeit und allen Beteiligten des Galerie Herold Teams und ich danke Ihnen für ihre Aufmerksamkeit.

Uwe Teichmann

Galerie Herold – Künstlerhaus Güterabfertigung
Beim Handelsmuseum 9
28195 Bremen
Öffnungszeiten: Di, Mi, Do 16.00 – 19.00 Uhr, So 15.00 – 18.00 Uhr